Twitter und Awareness

25 10 2009

Twitter ist eine sinnlose Spielerei. Wen interessiert es, wann sich Karla Kleinschmidt eine Pizza macht, was drauf ist, und ob sie nachher die Küche aufräumt oder nicht?

…hm…dachte ich auch am Anfang, bis ich auf das hier stieß:

Grafik New York Times

Grafik New York Times

Thompson, Clive:
Brave New World of Digital Intimacy
New York Times, 05.09.2008 [HTML]

Der zentrale Satz:
„(…)Social scientists have a name for this sort of incessant online contact. They call it “ambient awareness.” It is, they say, very much like being physically near someone and picking up on his mood through the little things he does — body language, sighs, stray comments — out of the corner of your eye (…)“

Der einzelne Tweet für sich genommen mag an Banalität nicht zu überbieten sein. In der Summe können diese Tweets dann aber ein erstaunlich detailiertes Bild der Person erzeugen.

Grafik Mashable

Grafik Mashable

Eine unsägliche „Studie“ einer amerikanischen Marktforschungsfirma [PDF] hat es sogar bis in die englische Wikipedia geschafft. Man muss die „Studie“ allerdings von hinten nach vorne lesen. Im hinteren Teil wird ein Tool angepriesen, das hilft, das vermeintlich belanglose Gezwitscher aus Twitter herauszufiltern. Weiter vorne wird dann die Begründung geliefert, warum man das Tool braucht: über 40% der Tweets seien belangloses Geschwätz.

Zum Thema selbst erinnere ich an die Art, wie wir SMS verwenden und verweise auf Veröffentlichungen von Mitzuko Ito. Auch eine SMS ist oft die reine banale Darstellung dessen, was deren Absender gerade tut, erzeugt aber beim Empfänger auch ein Bild des Senders.

In dem Zusammenhang auch interessant: die Theorie der sozialen Präsenz von Short, Williams und Christie [engl. Wikipedia HTML].

Banales Gezwitscher gibt es demnach also nicht. Beispiele in der Unternehmenswelt auf Twitter sind vielfältig.

Martha Stewart z.B. twittert zu 75% diese Banalitäten, gehört zu den „Unternehmen“ mit den meisten Followern auf Twitter und verkauft sich offenkundig dumm und dusslig damit. Jamie Oliver tut es ihr gleich. Beide verkaufen unter ihrem Namen etliche Artikel im Rahmen einer Dachmarkenstrategie….Zufall?

SouthwestAir…ähnlich. Kann man einer Fluggesellschaft mit über 800.000 Followern vorwerfen, sie verbreite sinnloses Geschwätz? Wenn es noch die einzige Fluggesellschaft wäre vielleicht…aber JetBlueAirways macht es ähnlich.

Apropos Fluggesellschaft und Twitter-Einsatz in Unternehmen in Deutschland: die deutsche Lufthansa im Gegensatz zu den beiden zuvor genannten amerikanischen Gesellschaften twittert absolut keine Banalitäten. Nur Hinweise auf günstige Flüge…aber auch keine 10.000 Follower, die das interessiert.